Oleksij Sydorow
Oleksij Sydorow wurde 1920 geboren. Von 1938 und bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges diente er in der sowjetischen Armee, in der Marine. Als der Krieg begann, wurde er eingezogen – amphibische Kriegsführung. Er wurde schwer verletzt und daraufhin ins Militärkrankenhaus von Gorjatschi Klutsch transportiert. Damit endete sein Kriegseinsatz und er kehrte in seine Heimatstadt Baku zurück.
Oma, erzähl mir bitte, wie hat der Krieg für unsere Familie angefangen?
Mein Vater, Aleksej Sidorow [russ. für Oleksij Sydorow, weil die Befragte Russisch spricht – A. d. Ü.], war Teilnehmer des Deutsch-Sowjetischen Krieges. Er wurde 1920 geboren und diente von 1938 bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs in der sowjetischen Marine. Damals lebten er und seine Verwandten in Aserbaidschan, in Baku; dorthin waren sie noch in den 1930er Jahren umgezogen. Und als der Krieg begann, wurde er eingezogen – amphibische Kriegsführung. Und dann kamen die deutschen Truppen. Sie näherten sich der Südküste, wollten die Halbinsel Kertsch und den dortigen Hafen Kamysh-Burun einnehmen.
Weißt du, wo er gekämpft hat?
Aber klar doch, er war in der Marine, amphibische Kriegsführung. Sie sollten Landungen durchführen, die Lage des Feindes, also der deutschen Truppen, auskundschaften und darüber berichten.
Erzähl mir bitte, wie endete der Krieg für deinen Vater?
Bei einem der Bombenangriffe schaffte es Papa in einen der Landungstrupps. Als sie die Küste erreichten, gerieten sie unter schweren Beschuss. Papas Kamerad wurde gleich getötet. Er selbst wurde von einem Bombensplitter getroffen und trug ein schweres Schädel-Hirn-Trauma sowie eine Sehnervschädigung davon. Er wurde ins Militärkrankenhaus transportiert, nach Gorjatschi Klutsch (Russland, nahe Krasnodar). Davor war er jedoch im Militärkrankenhaus von Kertsch, denn seine Verletzung war sehr schwer. Aber es war ja Krieg – und das Krankenhaus wurde von einer Bombe getroffen. Im Keller lagen ihre Kriegsauszeichnungen, ihre Kleider – alles wurde durch Brand vernichtet oder ging vielleicht einfach verloren. Das Bett von Papa stand damals an der Wand, und die Bombe fiel in die Mitte des Zimmers. Die, deren Betten in der Mitte standen, wurden also auch getötet, durch diese Bombe. Und Papa wurde wohl von Gott gerettet. Nach der Befreiung der Halbinsel Kertsch wurde er in den Nordkaukasus transportiert, nach Gorjatschi Klutsch. Die dortigen Thermalquellen taten seiner Gesundheit gut. Danach kehrte er in seine Heimatstadt Baku zurück.
Kannst du mir bitte genauer erzählen, wie kam der Kamerad des Urgroßvaters ums Leben?
Naja, in der Nacht mussten sie die Landung durchführen, sie waren die ersten, aber da waren deutsche Scharfschützen. Und da standen mein Vater und sein Kamerad am Ufer, und sie unterhielten sich über den weiteren Verlauf der Operation, und mein Vater sprach noch gerade, aber sein Kamerad war nicht mehr da. Die Scharfschützen hätten meinen Vater erschießen können oder seinen Kameraden. Nun, der Kamerad kam ums Leben und Papa blieb unversehrt. Viele Jungs waren zu dem Moment bereits tot…
Wurde über den Krieg in eurer Familie gesprochen?
Klar, der Tag des Sieges wurde bei uns früher ganz schön gefeiert. Mein Neffe, der Sohn von meiner Schwester, wurde am Tag des Sieges geboren. Und Papa freute sich immer über diesen Feiertag. Und dass der Junge an diesem Tag geboren wurde. Papa erzählte uns immer, wie schwer es gewesen war, diesen Sieg zu erringen. Damals gab es nur eine große Sowjetunion, deshalb gab es viele verschiedene Nationalitäten in der Armee. Wenn Papa der Militärparade in Moskau zuschaute, hatte er Tränen in den Augen.
Und was machten die Verwandten deines Vaters während des Krieges?
Während des Krieges lebten die Verwandten von meinem Vater in Aserbaidschan, und das war ja das Land der Ölquellen, sozusagen. Deshalb musste dieses Gebiet unbedingt gut geschützt sein, wegen der Ölproduktion – denn Öl war als Brenn- und Schmierstoff für alle Arten der Militärausrüstung eingesetzt. Dort arbeiteten alle in einer Ölraffinerie. Papa und Mama entschieden sich, mir den Namen Lena zu geben, nach meiner Großmutter väterlicherseits eben.
Sag bitte, hatte der Krieg einen Einfluss auf eure Erziehung?
Ja, erzogen wurde streng. Mein Vater wollte immer einen Jungen, aber geboren wurde ein Mädchen. Er legte immer großen Wert auf die Disziplin. Wie in der Armee: aufstehen, Morgengymnastik machen. Bei uns wuchsen ein paar kleinere Bäume, da trieben meine Schwester und ich Sport – so gut es ging. Unsere Eltern achteten immer auf eine gute Disziplin; dass wir Mädchen waren, spielte dabei keine Rolle. Ja, unsere Eltern gaben uns eine gute Erziehung.


Die Interviews werden in den Originalsprachen oder Transkriptionen davon wiedergegeben, unter Berücksichtigung von nationalen, regionalen und individuellen Sprachmerkmalen.