Familiengeschichten
Teresa Kozyra
Interview aufgezeichnet: von Klaudia Fizia Kraków 26.11.2020

Teresa Kozyra

Als der Krieg ausbrach, war Teresa 10 Jahre alt und wohnte mit ihrer Familie in dem kleinen Dorf Sikorzyce im Kreis Tarnów. In dem Interview erzählt meine Freundin über das Schicksal ihrer Urgroßmutter Teresa im Zweiten Weltkrieg. Gabriela erzählt zudem von den eigenen Gefühlen in Bezug auf den Zweiten Weltkrieg und davon, was sie auf ihrem Bildungsweg über die Jahre 1939-1945 gelernt hat.

Was weißt du allgemein über den Zweiten Weltkrieg?

 

Allgemein weiß ich so viel, was ich in all den Jahren in der Schule und in einigen Fächern im Laufe meines Studiums gelernt habe. Was habe ich also in der Schule gelernt, was mit der Geschichte meiner Uroma zu tun hat? Mit Sicherheit die Grundlagen: Wann der Krieg ausbrach und zu Ende ging, wer daran beteiligt war, was die Konsequenzen waren, über den Holokaust und die jüdische Bevölkerung, die Diskriminierung, und auch, wie die Deutschen versucht haben, ihre Politik und ihr Handeln zu rechtfertigen.

 

Ist das Wissen, was dir in der Schule vermittelt wurde, deiner Meinung nach tiefgründig, oder wurde das Thema nur oberflächlich behandelt? War es ein wichtiges Thema?

 

Was die Schulzeit von der Grundschule bis zum Gymnasium angeht, wurde dieses Wissen eher in Unterrichtsform und gemäß Lehrplan vermittelt. Wir hatten also nur ein paar Unterrichtseinheiten, um es zu besprechen, und das taten wir auch. Im Laufe meines Studiums hatte ich die Möglichkeit, Fächer zu wählen, die das Thema eingehender behandelt haben und für mich interessanter waren, also konnte ich mein Wissen weiter vertiefen. Aber ich glaube, dass es zum großen Teil einfach an mir und meinen Interessen lag.

 

Wie alt war deine Uroma, als der Krieg ausbrach? Wo wohnte sie damals?

 

Sie war 10 Jahre alt, als der Krieg ausbrach, und sie wohnte mit ihrer Familie bei Tarnów, im Dorf Sikorzyce.

 

Sie war also kein Kind mehr, aber noch keine Teenagerin, sozusagen in der Übergangsphase? Kann sie sich an irgendwas aus der damaligen Zeit erinnern?

 

Ich glaube schon, und das, was sie noch weiß, hat sie mir und meiner Familie immer erzählt. Sie kann sich nicht an viel von damals erinnern, als Kind hat sie sich nicht für die militärischen Handlungen interessiert. Sie wusste, es war Krieg, aber sie hat nie nachgeforscht. Auf dem Land sah das anders aus als in der Stadt.

 

Ging deine Uroma während des Krieges zur Schule?

 

Was damals mit der Schule war, kann ich nicht mit Sicherheit sagen, aber wahrscheinlich nicht. In der Schule hatte man so was wie ein Gefängnis eingerichtet.

 

Wie sah das Dorfleben in der Zeit des Zweiten Weltkriegs aus? Wurden die Dorfbewohner Zeugen des Konflikts?

 

Schwer zu sagen. Es gab Fälle, in denen zum Beispiel die jüdischen Einwohner verraten wurden oder einer der deutschen Soldaten zu jemandem nach Hause kam. Nur solche Sachen passierten. Als wäre vieles nicht weitererzählt worden. Meine Uroma kennt jedenfalls nur einige Geschichten und das auch nur bruchstückhaft. Sie weiß, dass Krieg war, aber einige Details hat sie nie erwähnt.

 

Erinnerte sich deine Uroma gerne an die Zeit zurück? Sprach sie gerne darüber?

 

Was den Krieg betrifft, hatte sie nie Probleme, darüber zu sprechen. Wenn wir sie etwas gefragt haben, dann antwortete sie immer gerne. Aber am meisten sprach sie von einfachen, alltäglichen Sachen, weil ihr das am wichtigsten war. Ich kann mich nicht erinnern, dass da irgendjemand in irgendeiner Organisation oder irgendwelchen Strukturen mitgewirkt hätte. Sie sprach jedenfalls nicht darüber, eher über den Alltag.

 

Wusste deine Uroma von der Existenz von Konzentrationslagern?

 

Das wusste sie mit Sicherheit, denn einer ihrer Brüder starb beim Transport in ein Lager. Sie erfuhren es nur nicht direkt, sondern jemand hat es ihnen später erzählt, dass es so passiert war. Das Bewusstsein, dass es Lager gab, trat wahrscheinlich erst später im Verlauf des Krieges ein. Ich weiß nicht mehr, welches Jahr das war, aber da war sich Uroma schon sicher, dass es Lager gab, und dass sie keine guten Orte waren.

 

Glaubst du, es ist wichtig, die Geschichte des Zweiten Weltkriegs aufrechtzuerhalten?

 

Meiner Meinung nach sollten wir das Wissen und die Traditionen aufrechterhalten und sie an die nächsten Generationen weitergeben. Ich glaube auch, dass es schön wäre, sich gegenüber der Geschichte anderer Länder zu öffnen und jungen Leuten sowohl die Ereignisse des Krieges in Polen, als auch die in anderen Ländern näherzubringen, so dass das Wissen weiterlebt und von Generation zu Generation weitergegeben wird.

 

Sollte Geschichte nur als reine Theorie vermittelt werden, oder sollten auch moderne Formen der Kommunikation einbezogen werden?

 

Wissenstransfer ist notwendig, weil wir die Fakten ja kennen müssen. Ich glaube, vieles hängt davon ab, wie die Lehrer uns das Wissen näherbringen. Es wäre aber auch schön, internationale Plattformen einzurichten, wo Menschen ihr Wissen und ihre Erfahrungen austauschen könnten. Das würde den Leuten helfen, sich einander gegenüber zu öffnen und einander besser zu verstehen.

Die Interviews werden in den Originalsprachen oder Transkriptionen davon wiedergegeben, unter Berücksichtigung von nationalen, regionalen und individuellen Sprachmerkmalen.

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