In diesem Jahr stand das Projektteam vor vielen Herausforderungen, die letztendlich auch zu Chancen wurden. Vom Format der Partnerschaft sind wir zum Format der engen Teamarbeit übergegangen. Andernfalls wäre es nicht möglich gewesen, unser gemeinsames Lernprogramm online zu realisieren. Die Teamarbeit erforderte nicht nur Geduld, sondern auch die Fähigkeiten, Kolleginnen und Kollegen aus der Ferne zu fühlen, in Krisensituationen konstruktiv zu handeln, niemanden zu verletzen, Verantwortung zu übernehmen und anderen zu helfen, zu vergeben und zu verstehen, um einen ganzheitlichen Raum der Zusammenarbeit zu schaffen. Daher ist Vertrauen für mich zu einem zentralen Wert des Projekts geworden.
Das Vertrauen innerhalb des Teams, wenn alle in verschiedenen Ländern und Städten sind, jeder aber seinen Beitrag leistet, um das gemeinsame Ziel zu erreichen. Bei der Einbeziehung von Übersetzerinnen und Übersetzern, von Expertinnen und Experten, wenn man an ihrer Professionalität und an ihrem Verantwortungsbewusstsein keine Zweifel hat. Beim Aufbau von Beziehungen zwischen den Teilnehmenden, wo man weiß, dass sie auch bei den folgenden Treffen da sein, die E-Mails lesen, die Hausaufgaben machen, auf persönliche Nachrichten oder im Chat antworten und letztendlich diesen Weg gemeinsam zu Ende gehen und Freunde bleiben werden. Hätte es auch nur in einer einzigen Phase des Projekts nicht genug Vertrauen gegeben, so hätte es negative Auswirkungen für den ganzen Prozess gehabt. Denn läuft alles online ab, so werden das Vertrauen und die Kommunikationsfähigkeit zu den wichtigsten Voraussetzungen des Prozesses.
Der zweite Wert, der mir in diesem Projekt wichtig war, ist die Furchtlosigkeit. Es geht um die Furchtlosigkeit, die aus Vertrauen wächst. Die Angst davor überwinden, was man zum ersten Mal macht. Erste Erfahrungen sammeln, wie man so ein internationales Projekt für Jugendliche online und mit verschiedenen Apps und Methoden veranstaltet (seitens des Teams) und wie man mit all den Online-Tools arbeitet (seitens der Teilnehmenden). Das haben wir alles gemeinsam geschafft, und so wurde die Angst immer weniger und die Grenzen verwischten sich. Mit jedem Online-Treffen gab es mehr Sicherheit und Verständnis, mehr Interesse am Anderen.
Und zum Schluss: Der dritte Wert, der für mich in diesem Projekt drin war, ist die Engagiertheit. Vor allem die Engagiertheit einiger Teilnehmender, die sogar nach dem Projekt schrieben und ihre Hilfe anboten oder jeglicher Bitte mit Bereitschaft entgegenkamen. So ein Engagement, ungeachtet der Barrieren zwischen Menschen verschiedener Nationalitäten mit komplexer historischer Vergangenheit, wäre unmöglich gewesen ohne Vergebung, Heilung, Verständnis, die sich im Dialog entfalten. Und auch wenn nur einige Teilnehmende so ein Riesenengagement gezeigt haben, so war der internationale Dialog bereits erfolgreich. Und wie schön es ist, wenn Mythen und Stereotype entlarvt werden und dem gegenseitigen Verständnis und neuen Einfällen Platz machen.
Unsere traumatische Vergangenheit lebt in unserem Inneren, sie schwingt in unseren Beziehungen zu Nachbarn und Freunden mit. Das Projekt gab mir die Möglichkeit, den genannten drei Werten, die uns vereinen, auf den Grund zu gehen, und Beziehungen zu anderen Menschen auf deren Basis aufbauen. Bei diesem Projekt geht es mir um den Glauben an Menschen und darum, dass wir eine gemeinsame Zukunft schaffen können. Wenn man das Ergebnis sieht, wird klar: Alle Stürme sind schon hinter uns. Und mit neuen Kräften macht man sich erneut auf den Weg.